Lassen Sie uns den Begriff „Markt“ noch einmal näher unter die Lupe nehmen.

Blick auf einen belebten Platz

Das obige Bild zeigt Menschen, Straße, Platz und Leute. Ist das ein Markt?
Nein. Denn die Menschen sind nicht an diesem Ort, um sich etwas zu kaufen, das nur an diesem Ort eingekauft werden kann. Ihre Aufmerksamkeit ist zerstreut. Sie sind nicht fokussiert auf ein gemeinsames Ziel.

Schauen wir auf das Konzept des Begriffes Markt. In dem exzellenten englischen etymologischen Wörterbuch (Herkunftswörterbuch) finden wir folgendes (Übersetzung folgt gleich darunter):

market

early 12c., „a meeting at a fixed time for buying and selling livestock and provisions, an occasion on which goods are publicly exposed for sale and buyers assemble to purchase,“… from Latin mercatus „trading, buying and selling; trade; market“ (source of Italian mercato, Spanish mercado, Dutch markt, German Markt), from past participle of mercari „to trade, deal in, buy,“ 

Markt , frühes 12. Jahrhundert: „ein Treffen zu einer festen Zeit für den Kauf und Verkauf von Vieh und Lebensmitteln, eine Gelegenheit, bei der Waren öffentlich zum Verkauf angeboten werden und sich Käufer zum Kauf versammeln,“ vom lateinischen mercatus „handeln, kaufen und verkaufen; Handel; Markt“ (Ursprung des italienischen mercato, des spanischen mercado, des niederländischen markt, des deutschen Markt), von mercari „(mit etwas)handeln, aushandeln, kaufen“

Markt in Frankfurt mit Menschen, die einkaufen und Ständen, an denen etwas angeboten wird
Hier findet ein Markt statt. Viele Menschen drängen sich um Stände, auf denen etwas eingekauft werden kann. Ihre Aufmerksamkeit ist auf bestimmte Produkte fokussiert, an denen sie Interesse haben.

Definition

Halten wir also fest: Ein Markt ist ein Ort, an dem sich Menschen treffen, die etwas verkaufen oder die etwas kaufen wollen, verbunden mit einem Handeln. Und dieser Begriff ist alt, sehr alt.

Und weiter heißt es dort:

Market price „price a commodity will bring when sold in open market“ is from mid-15c.; market value „value established or shown by sales“ (1690s) is first attested in the writings of John Locke. 

Marktpreis „Preis, den eine Ware beim Verkauf auf dem freien Markt bringt“ ist ab Mitte des 15. Jahrhunderts bekannt; Marktwert „Wert festgestellt oder gezeigt durch Verkäufe“ (1690er Jahre) wird zuerst in den Schriften von John Locke bestätigt.

Ist das nicht hochinteressant? Schon im 17. Jahrhundert ist es eine aktenkundige Definition, daß der Marktwert ein Wert ist, der durch Verkäufe ermittelt wurde!

Und genau darauf basiert eine jede Marktwertermittlung. Ich werde darauf noch näher eingehen; hier sei aber insoweit vorgegriffen, daß ein Auszug aus der Kaufpreissammlung des zuständigen Gutachterausschusses (der eine amtliche eingerichtete Behörde ist und alle Kaufverträge in Kopie erhält) ein Muß für jede Erstattung eines Marktwertgutachtens sein sollte! Meine Erfahrung ist, daß kaum eine andere Grundlage besser informiert als ein vollständiger, qualifizierter Auszug aus den Verkäufen von ähnlichen Objekten . Eine solche nicht anonymisierte Auskunft steht nur dem öffentlich bestellten und vereidigten oder dem zertifizierten Sachverständigen nach DIN EN ISO/IEC 17024:2012 zu. Daß diese Auskunft kostenpflichtig ist, vermag nicht zu überraschen; immerhin steckt auch da ein enormes Stück Arbeit in Form von verwertbaren Daten drin. Was genau der Sachverständige aus dieser Auskunft erfährt, erläutere ich an späterer Stelle.

Und wie steht es um den Begriff des Verkehrs? Die Herkunft des Wortes klärt auf: das mittelalterliche Wort vorkeren bedeutete, „unterwegs sein, um Handel zu treiben“ – so der Duden. Damit schließt sich der Kreis! Wir haben einen Markt, auf dem sind Menschen unterwegs, um – in unserem Fall – Grundstücke, Immobilien, Wohnungen etc. zu kaufen und zu verkaufen.

Fassen wir zusammen:
Ein Marktwert- oder Verkehrswertgutachten wird idealerweise aufgrund reell erzielter Preise auf dem freien Markt erstattet. Die beste Quelle dafür ist die Kaufpreissammlung des zuständigen Gutachterausschusses.

Was aber wenn kein brauchbarer Auszug aus der Kaufpreissammlung mit einer genügend großen Anzahl von Vergleichsobjekten verfügbar ist? Eine weitere unentbehrliche Quelle ist der Immobilien- oder Grundstücksmarktbericht, der jedes Jahr von einem Gutachterausschuß für seine Stadt oder Region veröffentlicht wird. Dieser ist übrigens für jedermann gegen eine geringe Gebühr erhältlich.

Weitere Quellen für Marktpreise könne sein: Eigene Datensammlungen von Verkäufen z.B. durch Makler, Recherchen über Immobilienportale – wobei hier meist Angebotspreise dargestellt und die tatsächlichen Verkaufspreise nicht veröffentlicht werden; sie können aber durch entsprechende Abschläge überschlägig ermittelt werden. Denn: Auch das Internet ist ein Markt, und mittlerweile der bedeutendste Markt, der das Immobiliengeschehen widerspiegelt.

Um auf die Definition von Verkehrswert aus § 194 BauGB zurückzukommen, nehmen wir einen weiteren Schlüsselbegriff hier unter die Lupe.